11 Fragen an...

Mag. Arch. Thomas Herzig

Mit diesen 11 Fragen springen wir das erste Mal über die Grenzen Deutschlands hinweg nach Österreich. Herr Herzig ist nicht nur Architekt, sondern hat auch ein serienreifes Produkt einwickelt – Pneu-Elemente. Seine Homepage ist sehr interessant. Neben der Tatsache, das ich mich schon in meinem Diplom 2002 mit einer Pneufassade auseinandergesetzt habe, finde ich es bemerkenswert, dass viele Architekten sich mit leichter, mobiler Architektur auseinander setzten. Vielleicht kann jemand mal aufklären woher diese Bewegung kommt? Der folgende Fragebogen könnte ein Einstieg in diese Frage sein:

Genug der Einleitung. Herr Herzig stellen sie sich vor der ersten Frage doch kurz selber vor:
_Thomas Herzig [th]: Ich bin in Wien als freischaffender Architekt tätig. Ich habe mich in den letzten Jahren auf pneumatische Konstruktionen spezialisiert. Ich habe auf diesem Gebiet auch ein von mir patentiertes Produkt bis zur Serienreife entwickelt (“ pneumocell “ aufblasbare Bausatzelemente). Mein Produktionspartner in China fertigt die jeweiligen Pneu-Elemente genau nach meinen Spezifikationen an. Ich bin aber gleichzeitig auch noch der konventionellen Architektur treu geblieben. Pneumatische Konstruktionen sind in Bezug auf Leichtigkeit und geringem Materialverbrauch die effizientesten überhaupt. Es ist eine noch relativ junge Technologie mit einem enormen Potential. Ich sehe mich als Architekt nicht nur als Gestalter sondern auch als Forscher und Erfinder.

Frage 1: Welches war Ihre erste Anstellung nach dem Studium?
_th: Anstellung? Bei uns in Österreich ist damals kaum ein Architekt das finanzielle Risiko eingegangen jemanden anzustellen, und das ist heute immer noch so. Die meisten beschäftigen nur Freelancer. So war es bei mir damals auch. Da ich während des Studiums bereits nebenbei arbeitete war es ein fliesender Übergang vom Studentenleben zur Arbeitspraxis. Ich hatte die meiste Zeit während meins Studiums bei Heinz Tesar gearbeitet, und unmittelbar nach meinem Diplom 1992 dann bei Gustav Peichl, der an der Akademie der bildenden Künste mein Lehrer war.

Frage 2: Warum sollte ein Bauherr auf jeden Fall mit einem Architekten zusammenarbeiten?
_th: Diese Entscheidungsfrage stellt sich ohnehin nur bei kleinen privaten Bauvorhaben, wo sich das Fertigteilhaus, oder auch die direkte Beauftragung eines Baumeisters als Alternative anbietet. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es so, dass der/die ArchitektIn die besten Angebote der ausführenden Firmen einholt und aus neutraler Position den Bauherrn im Sinne eines optimalen Preis/Leistungsverhältnissen in Ausführungsfragen beraten kann. Dadurch ist das Architektenhonorar leicht eingespart im Vergleich zu einer Direktbeauftragung einer Baufirma die sich selbst kontrollieren soll.
Das zweite ist der Planerische Aspekt:
Ein Eigenheim ist eine Lebensinvestition. Der/die ArchitektIn bietet eine individuelle Planung und Beratung an, damit der Bauherr sein Leben in einem Haus verbringt welches genau auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist. Bei einer Architektenplanung geht es nicht nur um das WIE (bautechnisch) sondern auch um das WARUM. Ein Baumeister gibt sich kaum die gleiche Mühe bei der Planung, es ist auch nicht sein Metier, da dessen Kompetenzschwerpunkt vorwiegend bei der Ausführung liegt.

Frage 3: Wie würden Sie ihren architektonischen Stil beschreiben?
_th: Im ZEN-Buddhismus besteht das Ziel das eigene ICH zu überwinden. In meine Architektur übersetzt bedeutet das für mich: nicht der eigene Gestaltungswille und die eigene Identität stehen im Vordergrund sondern die Identität des Projekts. Andernfalls richtet sich meine Energie nicht auf mein Projekt sondern wird auf mich selbst zurückgeworfen.
Während des Gestaltungsprozesses sollen sich mein Projekte frei nach deren Identität und Funktion entwickeln können, während meine Vorstellungskraft und mein Verstand bloß der Nährboden für diesen Gestaltungsprozess sind. Jeglicher formalistisch geprägte Gestaltungswille oder jede ideologische Absicht darüber hinaus würden bloß von einer optimalen Lösung wegführen. Es geht um Formfindung nicht Formgebung. Die Natur bringt im Zuge der Evolution ihre Organismen ebenfalls in Hinblick auf optimale Effizienz hervor. Es gibt kein objektives Kriterium für „Schönheit“, jedoch kann jeder intuitiv die optimierte Überlebensfähigkeit biologischer Konstruktionen wahrnehmen, und empfindet diese daher als „schön“.
Es gibt prinzipiell keinen Unterschied zwischen einem biologischen Organismus und den Objekten so wie ich sie designen möchte.

Frage 4: Welches Buch oder welchen Film habe Sie zuletzt gelesen bzw. gesehen?
_th: Buch: „der Gotteswahn“ von Richard Dawkins; Film: „Black Book“von Paul Verhoeven (zum 2.Mal)

Frage 5: Wer sind Ihre Vorbilder und warum?
_th: Ich hatte früher in meinem jugendlichen Überschwang eine Menge Vorbilder. Dazu gehörten unter anderem vor allem die Vertreter der sogenannten „High-Tech-Architektur“ Norman Foster , Richard Rogers und Renzo Piano. Mit der Zeit wandelte sich diese Begeisterung aber in eine respektvolle, aber doch kritisch distanzierte Betrachtung. Dies mag auch damit zusammenhängen dass der Zenit der kreativen Schaffensperiode mit jenem des kommerziellen Erfolges nicht unbedingt übereinstimmen muss. Für meine persönliche Arbeit haben mich vor allem Frei Otto und Jan Kaplicky (Future Sytems) inspiriert. Von „Vorbildern“ halte ich im allgemeinen jedoch eher wenig, da jeder seine ganz eigenen Weg finden sollte.

Frage 6: Ist der Bauherr König, oder muss ein Bauherr durch einen erfahrenen Architekten zu seinem Glück geführt werden?
_th: Weder noch. Im Idealfall ist es eine Symbiose bei der beide sich mit den Vorstellungen des jeweils anderen identifizieren können. Es ist aber wie bei Freundschaften oder Beziehungen: Man sollte zusammenpassen.

Frage 7: Welcher Bereich im Architekturstudium hat Sie für Ihr Berufsleben am Besten vorbereitet?
_th: Die Arbeitspraxis nebenbei.

Frage 8: Von Paul Valery stammt der Ausdruck „Architektur ist Stein gewordene Musik“. Was uns zu der Frage bringt, welche Musik Sie zurzeit gerne hören?
_th: Ich höre sehr viel elektronisches, weil dank Computer viele Musikschaffende auch ohne tolles Aufnahmestudio und Vertrieb nun die Möglichkeit haben professionell zu produzieren und die Öffentlichkeit zu erreichen. Aber auch klassisches, vor allem Stravinsky. Mit völlig a-tonaler Musik kann ich aber eher wenig anfangen. Ich brauche Harmonien und für mich nachvollziehbare Ordnung in der Musik für mein ästhetisches empfinden.

Frage 9: Welches Gebäude hätten Sie gerne entworfen und warum?
_th: Ich kann alles entwerfen ,was ich möchte. Die Frage ist eher ob ich auch Gelegenheit bekomme es zu bauen. Natürlich würde ich gerne mal, so wie fast jeder andere Architekt auch, ein Hochhaus bauen.

Frage 10: Architektur ist … ?
_th: …Gestaltung/ Inszenierung von Lebensräumen.

Und zum Schluss Frage 11: Welche Frage würden Sie welcher Person gerne stellen?
_th: ich würde gerne meine Katze fragen können, welche Art von Bewusstsein sie hat. Aber diese Frage könnte mir vermutlich nicht einmal ein Mensch über sich völlig erklären; und nicht einmal ich selbst kann mein eigenes Bewusstsein völlig erfassen ;-))

Vielen Dank Herr Herzig die ausführlichen Antworten
Mag. Arch. Thomas Herzig
Mag. Arch. Thomas Herzig

Mag. Arch. Thomas Herzig, Architekt
Schlüsselgasse 8/22
A-1040 Wien
+43 699 11 10 12 20
http://www.pneumocell.com
thomasherzig@gmx.at

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