Ein Gebäude direkt mit echten Baumaterialien zu zeichnen, hört sich verlockend an. Gerade im Bezug auf die energetische Optimierung scheint diese Methode erheblich einfacher zu sein, als die herkömmlichen Herangehensweisen. Über eine Umfrage für Architekten bin ich auf die Seite von simCO2 (http://www.simco2.de) gestoßen. Dort wird dieser Ansatz verfolgt. Leider sieht man zurzeit noch recht wenig vom eigentlichen Programm. Daher habe ich meine Fragen an Paul Steigerwald gerichtet, der so freundliche war mir Rede und Antwort zu stehen.
Unter simco2.de kündigen Sie eine webbasierte 3D-Zeichenanwendung zur energetische Optimierung an. Können Sie uns Ihr Projekt kurz näher vorstellen?
_Paul Steigerwald [pws]: simCO2 ermöglicht erstmals Architekten sowie Bauinteressenten (!), ohne besondere Kenntnisse im Bereich energieeffizientes Bauen, ein energetisch optimiertes Haus in 3D zu entwerfen. Sie zeichnen also mit dem Schwerpunkt ein ökologisch und energetisch effizientes Haus zu bekommen. Ein ganz wesentlicher Unterschied zu bekannten CAD Programmen ist die Verwendung von realen Bauprodukten. Man zeichnet bei simCO2 nicht mit Linien und Punkten, sondern mit realen Bauprodukten. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Software kann sofort Kosten und Energie-Kennwerte bestimmen, ohne noch weitere Eingaben zu benötigen.
simCO2 wird durch mehrere Institutionen gefördert. Wer steckt hinter simCO2 und wie ist die Idee entstanden?
_ps: Wir wurden mit dem Existenzgründer Stipendium „EXIST“ ausgezeichnet, es wird von verschiedenen Stellen co-finanziert wird. Deswegen die vielen Institutionen. Das Stipendium erhält jeder, der eine innovative Dienstleistung oder Produkt, mit einem nennenswerten Absatzmarkt entwickelt und persönlich auch in der Lage ist es zu realisieren. Das Team hinter simCO2 ist interdisziplinär, es bestehend aus Stephan Reichert, Katharina Rompf und Paul Steigerwald. Hr. Reichert ist Informatiker, Fr. Rompf Wirtschaftsinformatikerin und ich bin Architekt. Jeder hat seinen Aufgabenbereich, ich so etwas wie der Primus Interpare. Die Idee entstand im Laufe meines Studiums. Ich habe bei Herrn Prof. Dr. Schönfeld in Würzburg studiert, er hat mich auch dazu inspiriert. Es fehlte mir jedoch ein Tool, mit dem ich von Anfang an energieeffizient arbeiten kann. Welcher Architekt oder Bauinteressent will denn DINs lesen, verstehen und anwenden!? Alles steht und fällt mit dem was ich, als Architekt über Energieeffizienz weiß. Eine Software wäre da sehr hilfreich. Energieberater-Software sind da auf einem guten Weg, jedoch fehlt mindestens eine Komponente.
Zurzeit läuft eine privat beta, also eine Testphase mit beschränkten Nutzerkreis. Wie sieht Ihr Zeitplan bis zur endgültigen Version aus?
_ps: Wir möchten mit der Closed-Beta in einem, eben geschlossenen Nutzerkreis, erste Testergebnisse und Verbesserungsvorschläge erzielen um ganz grundsätzliche Anwendungsfragen zu klären. Der nächste Schritt wird die Open Beta sein, geplant ist dies für September, hier kann sich dann jeder kostenfrei anmelden. Markteinführung ist für Sommer 2010 geplant.
Nach der Betaphase ist eine Refinanzierung des Projektes sicherlich vorgesehen. Wird es simCO2 weiterhin nur als Anwendung im Internet geben und wie sehen die Modelle aus? Kurz: was wird es den Anwender kosten?
_ps: Die Anwendung wird vorerst ausschließlich web-basiert erhältlich sein. Zum einen können nur so die Datenbanken immer aktuell gehalten werden. Zum anderen entstehen durch die Leichtigkeit der Anwendung (keine Installation, Plattformunabhängig, kaum Systemvorraussetzungen) und die stetige Internetverbindung bestimmte Synergien, wie z.B. Kommunikationsmöglichkeiten von Social Networks. Es wird ein sehr differenziertes Lizenzmodell für Planer und Bauinteressenten geben, bei dem jeder nur die Leistung bezahlt die er auch benötigt. Der Basisaccount wird kostenlos bleiben.
Was wird das Programm im Bezug auf die Darstellung bieten. Ersetzt es herkömmlich CAD-Programme oder ist es eine reine Ergänzung?
_ps: Da ich selbst Architekt bin, sind die Ansprüche an die Darstellung und Usability natürlich enorm hoch. Wir arbeiten an einem klaren, sauberen und aufgeräumten Design, dass ein übersichtliches und intuitives Arbeiten ermöglicht. Wir sehen uns nicht in Konkurrenz zu CAD-Programmen. Diese sind sehr komplex und bieten ein großes Leistungsspektrum speziell für die detaillierte Gebäudeplanung des Architekten. Wir möchten den Planern mit unserem Produkt eine Software an die Hand geben, mit dem sie ganz einfach, fast schon spielerisch ein bestehendes oder neugeplantes Gebäude energetisch optimieren können. Die Zeichnungen können selbstverständlich in CAD-Programme importiert werden.
Wie geht das Programm mit der Schnittstellenproblematik der Baustoffe (Anschlüsse etc.) um? Gibt es hier ein Prüfung?
_ps: Schnittstellen und Anschlüsse werden berücksichtigt, sofern sie für die energetischen Belange nötig sind. Unser Ziel ist es nicht ein Gebäude LP5 gerecht planen zu können. Wir leisten eine sofortige energetische Optimierung nach DIN18599 oder genauer zu einem sehr frühen Planungsstadium. Das geht ohne dass der Nutzer detaillierte Eingaben machen muss!
Wie ist Ihr langfristiger Plan über 2010 hinaus? Welche Erweiterungen der Anwendung sind angedacht?
_ps: Wohngebäude werden insgesamt mit Software recht schlecht betreut. Vielleicht können wir über 2010 hinaus noch einige Funktionen anbieten, die die Nutzung der Gebäude noch effizienter machen. Genaueres kann und möchte ich aber noch nicht sagen.
Und wo bekommen Interessierte weitere Informationen über simCO2?
_ps: Informationen gibt es auf unserer Webseite http://simco2.de. Wir werden Ende September auf der Mainfrankenmesse in Würzburg vertreten sein. Auf der Messe hat man die Möglichkeit Einblicke unsere neuesten Entwicklungen zu bekommen.
Wie ich gesehen habe, gibt es Umfragen zu dem neuen Produkt auf Ihrer Homepage. Welchen Zweck erfüllen diese und wer soll/kann teilnehmen?
_ps: simCO2 wird nach den Bedürfnissen der Anwender ausgerichtet, damit Planer (Architekten, Ingenieure und Techniker) sowie Bauinteressenten ein leichtes Spiel haben auf dem Weg zu einem energetisch sinnvollen Gebäudeentwurf.
Vielen Dank Herr Steigerwald, dass Sie für dieses E-Mailinterview zur Verfügung standen.