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Gutes Mainz, dicker Dom – Reise nach Rheinhessen

Blick auf den St. Martin Dom in Mainz (c) Christina Ihrlich

Es geht weiter auf einer Reise durch Rheinland-Pfalz und nach Bad Ems bin ich in Rheinhessen angekommen und schaue mir dort Mainz und Worms an. Unterdessen läuft weiter die Bewerbungsphase zum GenussDuell. Vielleicht sehe ich ja einen von Euch beim Finale im Herbst. Jetzt also ab nach Mainz und auf zur Suche nach einmaliger Architektur.

Der Morgen

Morgens ausgeruht aufwachen, mit einem Blick auf den Rhein begrüßt zu werden, so lässt sich ein Streifzug durch die Region perfekt starten.

Aber nicht ohne ein vernünftiges Frühstück. Und hier haben meine Recherchen eine interessante Location aufgetan. Das kleine Restaurant „Dicke Lilli, gutes Kind“ hat eine kleine und sehr feine Speisekarte. Das Frühstück ist toll und das selbstgebackene Brot extrem lecker. Die Karte bietet, obwohl nicht umfangreich, für jeden etwas, egal ob man sich vegan, vegetarisch oder omnivor ernähren möchte.

Frühstück im "Dicke Lili, gutes Kind"
Frühstück im „Dicke Lilli, gutes Kind“

Das leider recht kleine Lokal hat eine angenehme lockere Atmosphäre und eine einzigartige Einrichtung. In Gespräch mit den Servicekräften hat sich natürlich eine Frage besonders aufgedrängt: „woher der Name des Lokals“. Wie sich herausstellte, hatte ich mit meiner Vermutung recht und es ist in der Tat eine Anspielung auf die Biografie von Lilli Palmer, welche den Titel „Dicke Lilli, gutes Kind“ trägt. Der Großvater der Besitzerin hat diesen Spruch immer als Lob an seine Enkelin gerichtet und so lebt dieser Satz nun in Andenken an den Opa (und irgendwie auch an Lilli Palmer) weiter.

Wanddekoration "Dicke Lili, gutes Kind"
Wanddekoration „Dicke Lili, gutes Kind“

Das Lokal als Ausgangspunkt für unseren Streifzug durch Mainz hat noch einen weiteren Vorteil: es liegt unmittelbar in der Nähe von St. Stephan, einer der beeindruckenden Kirchen.

Sankt Stephan und Chagall

Vom Hügel auf dem Sankt Stephan liegt, kann man sehr gut über einen Teil der Stadt Richtung Rhein schauen. Wobei Hügel hier die höchste Erhebung der Stadt bedeutet. An diesem Platz wurde schon 990 die Pfarrkirche gegründet. Der Platz ist bis heute unverändert geblieben, das Bau wurde jedoch im Laufe der Zeit mehrfach erneuert. Die ursprüngliche Holzkirche wurde 1043 in Stein neu errichte nur um von 1267 bis 1340 wieder ersetzt zu werden. Der Grundriss wurde dabei immer als Doppelchoranlage beibehalten. St. Stephan ist damit die älteste gotische Hallenkirche am Mittelrhein und die nach dem Mainzer Dom bedeutendste Kirche der Stadt Mainz.

Der Kreuzgang, den man auch besuchen kann, wurde um 1500 an die Kirche angefügt.

Blick in den Kreuzgang von St. Stephan
Blick in den Kreuzgang von St. Stephan

Schwere Schäden hat die Kirche im zweiten Weltkrieg erlitten. Beim großem Luftangriff am 27. Februar 1945 wurden sogar die Glocken zerstört. Der Wiederaufbau des Westturms war kompliziert, aber man konnte die Kirche in weiteren Teilen aufbauen und restaurieren. Das Gewölbe von Langhaus und Chor wurde jedoch nicht wiederhergestellt, sondern mit einer flachen Holzdecke ersetzt. Aber auch so ist St. Stephan eine beeindruckende dreischiffige gotische Hallenkirche mit Chören im Osten und Westen sowie mit einem großen achteckigen Glockenturm über dem Westchor.

Besonders sehenswert sind die einzigartigen Fenster der Stephanskirche, die ab 1978 von Marc Chagall gestaltet wurden, der sie als Beitrag zur jüdisch-deutschen Aussöhnung verstanden wissen wollte. Es ist dem damaligen Pfarrer Monsignore Klaus Mayer zu verdanken, dass er Chagall als Künstler gewinnen konnte.

Die Finanzierung der Fenster war kompliziert und zog sind, trotz der tatkräftigen Unterstützung von vielen einflussreichen Personen wie beispielsweise Helmut Kohl, über Jahre. Letztlich schuf Chagall bis zu seinem Tod 1985 neun Fenster, die biblische Gestalten und Ereignisse vor einem in verschiedenen leuchtenden Blautönen gehaltenen Hintergrund darstellen. Chagall entwarf die Fenster nicht nur, er führte die Schwarzlotmalerei auch eigenhändig aus.

Die Fenster sind seine letzten Arbeiten an Kirchenfenstern und wurden von Charles Marq fertiggestellt, der als Seniorchef des Glasateliers Jacques Simon in Reims 28 Jahre lang mit Marc Chagall zusammengearbeitet hatte.

Jesus mit Vogelnest in St. Stephan
Jesus mit Vogelnest in St. Stephan

Wer mehr über die Fenster erfahren möchte, besucht die Kirche sonntags nach dem Gottesdienst. Dann erklärt der Pfarrer die Fenster und erzählt von Ihrer Entstehungsgeschichte.

Der Mittag

Verlassen wir also jetzt Sankt Stephan und machen einen kleine Umweg über „Dicke Lilli, gutes Kind“, die mit „Dicke Lilli, gutes n’eis“ auch Handgemachtes Eis in täglich wechselnden Sorten anbieten. Karottenkuchen als Eis ist nicht zu verachten. Unser Weg führt uns aber eigentlich nur ein paar Meter von Sankt Stephan weg. Neben der Kirche hält eine kleine Sightseeing-Bimmelbahn und genau diese habe ich genommen, um die Beine auszuruhen und einen Überblick über Mainz zu bekommen.

Die kleine Tour führt einen zu Kirchen, Plätzen und Brunnen. Eine regionale Besonderheit ist sicherlich der Fastnachtsbrunnen am Schillerplatz. Der Brunnen zeigt über 200 bronzene Figuren an einer fast neun Meter großen, sich nach unten verjüngenden Struktur, welche die Labilität des Narrenzugs darstellen soll.

Vater Rhein, der Mönch, der Narr mit seinen Attributen, der Harlekin und der Mann mit dem Brett vor dem Kopf, die Katze, Till Eulenspiegel, der Hanswurst und die Stadtgöttin Moguntia, der Geldbeutelwäscher, Vaganten, Schwellköpp oder Possenreißer und Gaukler sind nur einige der Motive, die einen starken Bezug zur Mainzer Stadt- und Fastnachtsgeschichte aufweisen. Auch Rebenranken sowie Weck, Worscht un Woi sind vertreten. (Quelle: Wikipedia – abgerufen 07/2018)

Der Fastnachtsbrunnen in Mainz - copyright Christina Ihrlich
Der Fastnachtsbrunnen in Mainz – copyright Christina Ihrlich

Der Nachmittag

Die Altstadt lädt mit seinen Lokalen zu einer Stärkung bei regionaler Küche ein. So bin ich am Nachmittag ausgeruht in die letzte Etappe Mainz gegangen. Und hier stand ein beeindruckendes Bauwerk auf meinem Plan.

Der Mainzer Dom

Die weltliche Herrschaft und die Kirche waren in unserer Region sehr lange eng verwoben. So zählt der Hohe Dom zu Mainz zu den mittelalterlichen Kaiserdome, welchen eine reichswichtige Funktion attestiert wird. Erste Vorgängerkirchen sind schwer zu datieren. Um 975 stand jedoch der erste, reichsbedeutend Bau an dieser Stelle.

Model des Mainzer Dom
Model des Mainzer Dom

Über die Jahrhunderte hat es die so oft üblichen Um- und Anbauten gegeben, welche teilweise in den Stilen noch heute am Dom zu erkennen sind.

Richtig interessant wurde es wieder im 20. Jahrhundert. Die Maßnahmen am Dom bezogen sich hier vor allem auf den Erhalt des Gebäudes. So wurden schon ab 1909 die, durch die hausgemachte Grundwasserabsenkung als Ergebnis der Rheinuferaufschüttung, verfaulten Fundamente ersetzt. Die Arbeiten wurden zum Ende des Ersten Weltkriegs vorläufig eingestellt. Dadurch nahmen die Mauerschäden jedoch derart zu, dass der Fortbestand des Domes gefährdet war. Der Dom wurde dann von 1924 bis 1928 auf Betonfundamente gestellt.

Mainzer Dom
Mainzer Dom

Tragisch ist, dass der so vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gerettete Dom im August 1942 mehrere Treffer erhielt. Dabei wurde das Obergeschoss des Kreuzgangs zerstört, außerdem brannten die meisten Dächer des Doms ab. Neben weiteren späteren Schäden bis 1945 waren das die schlimmsten Schäden. Die äußeren Restaurierungsarbeiten nach dem Krieg, bei denen auch Verwitterungsschäden beseitigt wurden, zogen sich bis in die 1970er-Jahre hin, ebenso wie die Arbeiten an der Innenraumgestaltung, insbesondere der neuen Verglasung.

Das alles im Hinterkopf betritt man dann so ein imposantes Gebäude und kann nur staunen, wie sich etwas von Menschen geschaffenes über rund 1.000 Jahre erhalten hat.

Mainzer Dom - Innenansicht
Mainzer Dom – Innenansicht

Auch wenn weitere Sehenswürdigkeiten in Mainz, wie das Kurfürstliches Schloss, der Schillerplatz, das Zeughaus, das Haus des Deutschen Weines und viele mehr locken, so hat Rheinhessen noch viele andere interessante Ort zu bieten.

Worms

Worms kann in einem Atemzug mit Mainz genannt werden, da hier neben dem Dom in Mainz und dem Speyrer Dom einer der drei romanischen Kaiserdome steht. Worms ist darüber hinaus eine der ältesten Städte Deutschlands und bekannt als Nibelungen- und Lutherstadt. Ebenso wie in Mainz gibt es hier auch eine große jüdische Gemeinde mit interessanten Bauten und Sehenswürdigkeiten wie der alte jüdische Friedhof „Heiliger Sand“ mit Blick zum Dom in Worms und die neue Synagoge in Mainz.

Neben vielen anderen Gebäuden sollte man in Worm die Martinskirche, eine alte romanische Basilika, die Magnuskirche, als kleinste Wormser Kirche und aus karolingischer Gründung, sowie das Lutherdenkmal und die Nibelungenbrücke besichtigen.

Abschied

Mainer Ampelmännchen
Mainer Ampelmännchen

Und wieder hat sich gezeigt, dass Rheinland-Pfalz vielseitig ist und mit beeindruckenden Bauwerken aufwartet. Und wieder hat sich auch gezeigt, dass ein Wochenende viel zu kurz ist, um die Vielfalt zu erleben. Aber ich werde wiederkommen und neue Orte in Rheinland-Pfalz entdecken. Nicht nur in Rahmen des #GenussDuell sondern auch privat. Irgendwann ist aber jede Reise zu Ende und so habe ich mich zurück nach Nordrhein-Westfalen aufgemacht und schreibe diese Zeilen bei einem guten Schluck Ahr-Rotwein.

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2 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Maximilian Schiller sagt:

    Super Artikel! Falls du Mainz nochmal einen Besuch abstatten willst kann ich die Synagoge sehr empfehlen. Bin vorhin per Zufall auf deine Seite gestoßen und lese mich nun vergnügt durch die Artikel.
    mfg

    1. Sebastian Lauff sagt:

      Danke für den Tipp. Die Stadtrundfahrt hat uns daran vorbei geführt. Zeit zum Besuchen oder genauer Bestaunen hatte ich leider nicht.

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