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Tiny Houses in Deutschland – Das Interview

Tiny House Diekmann

Ergänzend zu meinem letzten Artikel über Tiny Houses möchte ich Euch heute noch ein kurzes Interview, welches ich mit Herrn Diekmann führen konnte, zu lesen geben.

Herr Diekmann ist Inhaber der Firma Heinz Diekmann Schreiberei und Tiny Houses Diekmann. Das Interview habe ich in Hamm in seinem Muster-Tiny House geführt.

Tiny House Diekmann Außenansicht
Tiny House Diekmann Außenansicht

Herr Diekmann, wie kamen Sie auf die Idee Tiny Houses zu bauen?
Den ersten Kontakt mit diesen Häusern hatte ich in Kanada. Dort war ich ein halbes Jahr, um zu arbeiten und die Sprache weiter zu lernen. Die kleinen Häuser waren damals dort schon oft unterwegs, auch wenn „klein“ in Kanada natürlich andere Ausmaße hat.

Nachdem ich die Schreinerei von der Familie übernommen hatte, gab es im Geschäftsfeld Veränderungen und somit war ein größerer Teil der Produktionsfläche frei. Dieser wollte genutzt werden.

Als ich dann abermals in einem Handelsblattartikel über den Tischler Christian Bock über die Tiny Houses gestolpert bin, war mir klar, was ich mit der Fläche tun würde. Und so ist dann unser erster Wagen entstanden. Das ist im Übrigen der, in dem Sie übernachtet haben.

Tiny House Diekmann Studie
Tiny House Diekmann Studie

Wie war der Entwurfsprozess, was hat Sie inspiriert?
Eigentlich habe ich einfach die Maße des Anhängers genommen und angefangen zu bauen. Ein Tiny House ist eine tolle Sache für einen Schreiner. Ich kann hier gut 90% alle Arbeiten selbst ausführen. Nur für Wasser, ggf. Gas und Elektro kommen andere Handwerker dazu.

Mittlerweile ist es so, dass ein guter Teil der Inspirationen von den Kunden kommt. Mit jedem Wagen, den wir planen, haben wir eine größere Designbasis geschaffen, aus der dann wieder andere Kunden schöpfen können.

Die Tiny Houses, die ich noch nicht in Fotos zeigen kann (oder nicht zeigen darf), können die Kunden in 3D-Bildern erkunden.

Zurzeit arbeiten wir an einer VR-Lösung, damit der Kunde sich die Wagen „live“ ansehen kann.

 

Zusammenstellung Tiny House (c) Diekmann
Zusammenstellung Tiny House (c) Diekmann

Welche Wünsche und Anregungen kommen denn von den Kunden?
Sehr häufig wird intelligente Einrichtung nachgefragt bzw. vorgeschlagen. In dem Musterwagen ist ja noch sehr viel Platz und die Einrichtung könnte auch in einem anderen Haus stehen. Das möchten viele nicht. Hier soll jedes Möbelstück mehrere Funktionen haben und aus- oder einziehbar sein. Extrem optimiert eben. Das ist sehr spannend.

Wie sieht es mit der Energieversorgung aus?
Die oft gefragte Autarkie ist noch nicht – zumindest nicht mit vernünftigem Aufwand und Kosten – zu erreichen. Energiespeicher leisten noch zu wenig im Vergleich zu ihrem Gewicht und ihren Kosten. Somit muss jeder Wagen ans Netz, wenn er voll ausgestattet werden soll. Natürlich ist der Anfang ein Tiny House mit Kamin und Kerzen. Das Ganze kann man aber dann aufrüsten bis zum Kanalanschluss und einer Gasheizung. Wobei diese Technik die Kosten natürlich nach oben treibt.

Wer sind Ihre Kunden?
Die sind so unterschiedlich wie die eben schon angesprochenen Wünsche. Wir haben Kunden, die sich mit Tiny Houses Wagenburgen für das gemeinschaftliche Leben bauen. Wir haben aber auch ein Projekt, das mit den kleinen Häusern Studentenwohnungen schaffen will. Außerdem sind ein Yoga-Studio und ein fahrender Friseursalon dabei. Es gibt kaum etwas, was es nicht gibt.

Zwei Rentner brauchten beispielsweise weniger Platz und wollten ein Tiny House. Wobei eines nicht ganz richtig ist. Die haben jetzt zwei, weil er so schnarcht.

Es gibt also keine Gruppe von Interessenten, die sich herauslesen lässt?
Eigentlich nicht, wobei auffallend viele Frauen sich für Tiny Houses interessieren. Ich mache einen Großteil meiner 3-4 Termine am Tag mit Frauen. Eine Interessentin ist sogar spontan von Bremen zu uns nach Hamm gekommen und hat in der nächsten Woche direkt Eimer mit Schwedenrot vorbeigebracht, die unbedingt verarbeitet werden sollten. So schnell sind wir aber nicht. Dieser Wagen wird erst in einigen Wochen entstehen können.

Wieviel legt man für ein Tiny House an?
Das hängt natürlich von der Ausstattung ab. Ein Wagen ohne große Ausrüstung startet ab 25.000 Euro. Gas macht, wie schon erwähnt, die Ausstattung direkt um ca. 5.000 Euro teurer. Aber man kann auch auf Elektroheizung und/oder Kamin zurückgreifen. Das geht auch als Flächenheizung in Boden oder Wand, wenn der Heizkörper nicht sein soll. Vollausgestattet und mit allem kann man auch mal 120.000 Euro ausgeben.

Bau eines Tiny Houses
Bau eines Tiny Houses

Kann man das Tiny House überall hinstellen?
Das ist in Deutschland ganz unterschiedlich. Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Vorgaben und Hürden. In Schleswig-Holstein ist es viel schwieriger als in Hessen. Außerdem ist es in kleinen Städten einfacher als in großen.

Kann ich mein Tiny House selbst transportieren?
Ja, wenn die Zugmaschine stark genug ist. Ein Golf würde die bis zu 3,5 Tonnen sicherlich nicht ziehen können. Mit einem stärkeren Gefährt ist es aber kein Problem. Das darf dann jeder mit entsprechendem PKW Führerschein – trotz der Gesamtlänge von bis zu 14m

Die Frage ist jetzt ein wenig gemein, aber würden Sie ständig in einem Tiny House wohnen?

Das wurde ich schon oft gefragt. Eigentlich spricht nichts dagegen, wenn die Lebenssituation stimmt. Wir sind zu dritt und das kann dann doch schwierig werden. Zu meinen Studentenzeiten war meine Wohnung aber deutlich kleiner und im Ganzen auch deutlich teurer. Damals hätte ich mich gefreut so gut zu wohnen.

Küche im Tiny House Diekmann
Küche im Tiny House Diekmann

Wo kann man sich über Ihre Tiny Houses informieren?
Unter https://www.tiny-house-diekmann.de/ findet man alle Informationen über uns.

Danke für das interview und die Möglichkeit, Ihr Haus einmal Probe zu wohnen.
Sehr gerne.

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Tiny House Diekmann
Warendorfer Str. 10
59075 Hamm
02381/87127-0
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Herzlichen Dank auch nochmals an Tipp24, die aufgrund Ihrer Studie erst auf das Thema und mich aufmerksam geworden sind.

3D Tiny House (c) Diekmann
3D Tiny House (c) Diekmann
9.587 mal gelesen.

Autor

Ich bin Architekt und seit 2009 veröffentliche ich archimag.de. Wenn Ihr Wünsche oder Anregungen habt, dann her damit. Ich freue mich über Eurer Feedback.

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