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Wie wir morgen lernen und warum Architekten Vorbilder sind

A group of people standing in front of a crowd

Die Orgatec 2016 bot dieses Jahr einige Sonderflächen und ein interessantes Rahmenprogramm rund um das Thema „new work order“. Der iba (Industrieverband Büro und Arbeitswelt) hatte mich eingeladen, so dass ich unter anderem die Chance hatte den interessanten Vortrag zu Kreativen Lernwelten anzuhören und die Expertin Brigit Gebhardt persönlich zu treffen.

Lebenslanges Lernen

Unser Arbeitsumfeld ändert sich massiv. Wo man früher einmal eine Tätigkeit gelernt hat und diese dann im schlechtesten Fall sein Leben lang ausgeführt hat, werden heute immer noch Aufgaben an einen gestellt und wir lernen täglich oder zumindest in regelmäßigen Abständen immer etwas Neues.

Uns Architekten ist das nicht fremd, wie bei anderen Kammerberufen, haben auch wir die Pflicht uns regelmäßig fortzubilden. Aber auch die Anforderungen an einen Architekten bedeuten sich auf immer neue Anforderungen einzustellen und immer neuen Input zu verarbeiten. Die Architekten sind hier im Übrigen nur beispielhaft für die gesamte Kreativwirtschaft genannt.

wie wir heute lernen

birgit gebhardt copyright koelnmesse
birgit gebhardt copyright koelnmesse

Ein Satz im dem Vortrag von Frau Gebhardt hat bei mir mehrere Dinge, die einzeln in meinem Bewusstsein waren, perfekt zusammengebracht.

  1. Wir alle haben einen Geschichte (in Sinn von Vergangenheit) und können von dieser nicht loslassen.
  2. Räume haben mit Ihrer Gestaltung einen Einfluss auf Ihre Benutzer.

[tweet_box design=“default“ float=“none“]Räume haben mit Ihrer Gestaltung einen Einfluss auf Ihre Benutzer.[/tweet_box]

Setzt man dieses voraus, so ist es einleuchtend, dass wir alle in einem Seminarraum, der auch heute noch wie ein Klassenraum mit Lehrer in Frontalposition eingerichtet ist, in unsere Schülerrolle zurückfallen. Wir haben eine Art des Umgangs mit Schule/Lernen verinnerlicht. Ihr kennt das doch im Seminarraum gibt es immer den Klassenclown, den Streber und die, die fast einschlafen. Wie früher halt.

Ein weitere Punkt ist, dass auch Besprechungsräume und Klassenzimmer seit Jahrzehnten einen ähnliche Form haben und den Anforderungen nicht angepasst wurden. (Jeder hat jetzt bestimmt das passende Bild im Kopf.)

Weg aus der Sackgasse

Was es braucht sind also neue „Kreative Lernwelten“. Und spätestens hier sind wir vollständig bei dem Vortrag und der dazugehörigen Studie von Frau Birgit Gebhardt.

Birgit Gebhardt ist Trendexpertin mit dem Schwerpunkt „Zukunft der Arbeitswelten“. Als Impulsgeberin begleitet sie Thinktanks, unterstützt bei der Entwicklung agiler Führungs- und Arbeitskultur sowie zukunftsfähigen Lernangeboten.

Quelle: New Work Order – Kreative Lernwelten

Die Studie beleuchte verschiedene Aspekte wie man besser und neuer lernen kann. Ein paar interessante Punkte als Beispiele des Inhaltes:

Lernen wird attraktiv, kreativ und interaktiv

Das Ganze wird erklärt am Beispiel des Architekten. Dieser arbeitet interdisziplinär digital in immer neu Zusammengestellen Teams. Dieses wird ermöglicht durch neue Planungssoftware wie beispielsweise BIM oder andere vernetzte und digitale Methoden. Hierdurch wird vieles plötzlich realisierbar, was ohne 3D und digitale Planung nicht möglich war und es ermöglicht einen dichteren Output. All diese Punkte treffen, vielleicht nicht auf alle, aber auf viele Architekten zu. Andere Berufsfelder müssen das noch lernen und sich von den angestammten Arbeitsriten verabschieden.

und was haben Architekten damit zu tun?

Unterstützt wird das neue Lernen von der Umgebung. Kommen wir zurück zum Beispiel des Seminarraumes, in dem wir alle wieder die Schüler von damals werden. Hier kann die Architektur des Raumes Möglichkeiten geben, die über das was jetzt zugelassen wird weit hinaus gehen. Rosan Bosch (Designerin und Geschäftsführerin von Rosan Bosch Studios, Kopenhagen) sagt, dass „Lernwelten gestalten heißt, Kommunikation zu gestalten“ und fasst die Möglichkeiten auf fünf Szenarien zusammen.

  1. Mountain Top – einer an viele durch eine Präsentation etc.
  2. Cave – ein persönlicher und geschützter Lernort
  3. Campfire – auch einer an viele, aber rotierend, so dass jeder präsentieren kann.
  4. Watering Hole – Viele an viele, wobei immer andere Personenkreise zusammen kommen.
  5. Hands on – lernen durch taktile Erfahrungen
Igloo von AART designers für Spaces by Holmris
Igloo von AART designers für Spaces by Holmris

Architekten setzen das Meiste in ihren Projekten schon um. Als Mountain Top präsentieren sie ihre Entwürfe. In der Cave (ihrem Büro) entwerfen Sie und lernen sie für die neuen Anforderungen. Das Campfire ist (im Idealfall) die Besprechungen mit den anderen Fachingenieuren, bei der jeder etwas zum Projekt beiträgt. Hands on kommen natürlich bei der Bemusterung oder beim „begreifen“ von neunen Techniken zum Einsatz. Das Watering Hole ist (wie auch bei vielen anderen Berufen) einfach und mit der Kaffeeküche rudimentär schon erschlagen.

Schön also, dass Architekten schon auf die neue Arbeitswelt vorbereitet sind. Aber jetzt kommen wir, als Architekten, als Multiplikator ins Spiel. Egal ob ein Auftrag für eine Schule, eine Erwachsenenbildungsstätte oder auch ein Bürohaus angenommen wird, für alle fünf Bereich sollten Orte vorgesehen sein. (Teamräume, Rückzugsflächen für Einzelpersonen (Achtung: das muss nicht ein Büro sein), Räume für die gemeinschaftlich Arbeit an einer Präsentation und natürlich Treffpunkte die den Austausch (fachlich und sozial) zulassen.

Und wer jetzt in die Richtung Startups denkt, der denkt in die richtige Richtung, aber wohl einen Schritt zu weit.

[tweet_dis_img]new work order[/tweet_dis_img]Ein sehr interessantes Thema. Die Studie von Frau Gebhardt wird von der iba zum freien Download angeboten. Ich empfehle dort weiterzulesen.

 

und sonst auf der Orgatec?

Neben diesem hoch aktellen Thema gab es natürlich auch noch andere spannende Dinge auf der Orgatec in Köln. Aus meiner Sicht sind die gefühlten 10.000 Bürostühle zwar nicht so spannend, aber es gab einen interessanten (und großen) Stand von Vitra und viel über zukunftsweisende Materialien. Darüber werde ich noch in anderen Artikeln berichten.

Ich danke der iba für die Einladung und die perfekte Organisation. Gerne immer wieder.

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Autor

Ich bin Architekt und seit 2009 veröffentliche ich archimag.de. Wenn Ihr Wünsche oder Anregungen habt, dann her damit. Ich freue mich über Eurer Feedback.

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