Magazin

Vom 80er Jahre-Mief zum modernen Architekturkunstwerk

Treppe Kustermannpark

Vom 80er Jahre-Mief zum modernen Architekturkunstwerk: Der Münchner Bürokomplex Kustermannpark wurde revitalisiert

Treppe Kustermannpark
Treppe Kustermannpark

Zwei Drittel der Räume standen leer, Taxifahrer nutzten den verwaisten Vorplatz inzwischen als Abkürzung – um endlich wieder Interesse bei Unternehmen zu wecken, hatte der Kustermannpark im Osten Münchens dringend eine neue Konzeption nötig. Vor allem die Innengestaltung des wuchtigen Bürokomplexes mit einer Gesamtfläche von 41.000 Quadratmetern hatte sich seit den 1980er Jahren kaum verändert. Besonders problematisch: die tristen Entrées der drei Gebäude. „Ein neues Ambiente mit besonderer Note“ sollte dort geschaffen werden, so die Forderung des neuen Bauherrn. Damit sich die gewaltigen Dimensionen des Eingangsbereichs auflockern, legten die Gestalter dabei ihr Augenmerk auf die großräumige Wandfläche der nun zusammengefassten Räume. Sie installierten einen nicht brennbaren, leichten und zartweißen Vorhang aus zwei Lagen – der konstruktive Teil aus F90er-Gipskarton-Material grenzt die Brandabschnitte der einzelnen Bereiche voneinander ab, die zweite Lage ist aus so genanntem Stuccolith gefertigt. Dieses ästhetisch hochwertige Material, das die Berliner Firma REC Bauelemente GmbH lieferte, besitzt eine sanftmatte Oberflächenstruktur, ist aber gleichzeitig besonders robust und pflegeleicht und trägt zu einem gesunden Raumklima bei.

„Durch die Zusammenlegung der drei Gebäudeteile gehen alle Besucher und Mitarbeiter ihre ersten Schritte durch diesen Raum. Daher muss gerade dieser Bereich für das restliche Haus repräsentativ sein.“ Die Schwierigkeit, sagt Marcus Beuerlein von Oliv Architekten, bestand jedoch darin, die unterschiedlichen Teile des Kustermannparks gestalterisch so zusammenzuführen und zu akzentuieren, dass sie keine Konkurrenz zueinander bildeten. Das neu gestaltete Foyer unterteilt sich in drei Zonen: den Empfangsbereich, eine Barista-Bar sowie die zentrale Erschließung.

Ein Wechsel von Reihungen mit Ruhe und Regelmaß sowie eine klare Richtung sollten geschaffen werden, um die verschiedenen Strukturen und Formen optisch zu vereinen. „Dadurch entsteht ein kunstvolles Zusammenspiel von flächiger und räumlicher Ordnung, bei der das Licht zur Verstärkung der Konturen und der Plastizität eine entscheidende Rolle spielt“, erläutert Beuerlein das Konzept.

Die Wandkonstruktion erscheint wie ein leichter Vorhang

Eingangsbereich
Eingangsbereich

Als Blickfang des weiträumigen, zweigeschossigen Entrées planten der Architekt und sein Team für die 156 Quadratmeter messende Wandfläche daher eine raffinierte Verkleidung, die sie an einer Ständerwerk-Konstruktion mit Gipskarton installierten. Dazu ließen sie sie besonders leichte Platten aus dem Baustoff Stuccolith entwickeln. Wie ein Vorhang scheint die Verkleidung nun von der Decke zu schweben. „Für die gestellten Anforderungen war Stuccolith das ideale Material, weil es in Farbe und Form den denkbar größten Gestaltungsspielraum lässt“, erläutert Konrad Schäfer, Geschäftsführer der REC Bauelemente GmbH. Sein Unternehmen produzierte die einzelnen Teile nach den Vorgaben des Architekten und lieferte sie nach München.

K.Schäfer
K.Schäfer
Die gegossenen Stuccolith-Elemente besitzen eine glatte Oberfläche, ihre spezielle Optik erhalten sie durch eine spitz zulaufende, faltenartige Linienführung, die das Licht der großzügigen Fensterfassade in sanfter Weichheit bricht. Durch seine Eigenschaften sei das Material gerade für den Innenbereich besonders gut geeignet, so Schäfer: „Es ist mit einem Gewicht von 24 Kilogramm pro Quadratmetern sehr leicht und dadurch problemlos zu montieren, hat eine strapazierfähige, verdichtete Oberfläche und lässt auch extreme Unterschiede in der Wandstärke zu.“ Zwischen fünf und 45 Millimeter dick ist das Material der Konstruktion. Solche Schwankungen verursachen in der Regel Spannungen, führen bei Temperaturwechseln zu Rissen und bei ungleicher Trocknung zu Farbunterschieden. „Bei Stuccolith vermeidet auf Basis des Hartgipses eine ausgewogene Rezeptur aus mineralischen Bestandteilen, Leichtfüllstoffen wie Poraver aus geschäumtem Behälterglas diese Veränderungen“, erläutert Schäfer die Eigenheiten der Materialrezeptur,  die zudem eine geräuschdämpfende Funktion hat. Trotz dieser unterschiedlichsten Inhaltsstoffe ist die Verkleidung nicht brennbar – was elementar ist, da die Wand entlang des Fluchtwegs verläuft.

Stuccolith sorgt für optimales Raumklima und zersetzt Verunreinigungen

Da er Feuchtigkeit regulieren kann, sorgt der Gips darüber hinaus für ein optimales Klima in dem großen Raum. „Das eingearbeitete Titandioxid bewirkt die Oxidation organischer Medien, die mit der Wandoberfläche in Berührung kommen“, so Schäfer. Eine optisch nicht erkennbare Imprägnierung macht das Material außerdem unempfindlich gegen Verschmutzungen: Es zersetzt sowohl Verunreinigungen, die durch direkte Berührung der Wand entstehen, als auch Gerüche, Feinstäube und Viren. Auf diese Weise ist es an der Reinhaltung der Luft beteiligt und reinigt sich zugleich selbst. Dieser Effekt wird durch das einfallende Tageslicht in Gang gesetzt und hält unbegrenzt an.

Um sie leicht transportieren und vor Ort in kurzer Zeit an der Wand montieren zu können, wurde die Konstruktion in vier unterschiedlichen Elementtypen produziert. Mit auf der Rückseite aufgetragenem handelsüblichem Fliesenkleber wurden die Stuccolithelemente dann auf die Gipskarton-Ständerwerk-Konstruktion angebracht.

Sehr leichte und gleichzeitig druckfeste Materialien

Detail
Detail

Der leichten Architektur des Foyers mit seiner charakteristisch sanftmatten, schwarz-weißen Oberflächenstruktur entsprechend, haben der Architekt Beuerlein und Baustoffexperte Schäfer den Treppenaufgang gestaltet, der den Eingangsbereich mit dem Kasino verbindet. 65 Winkelstufen mit einer Länge von 250 cm pro Element und einer Materialstärke von 2,5 cm führen nun in den Gemeinschaftsraum.

Das Material der Stufen ist Betonlith, ein 25 Millimeter dünner Hochleistungsmörtel auf der Basis von Flowstone. Es besitzt eine Druckfestigkeit von mehr als 110 N/mm2 und eine Biegezugfestigkeit von ca. 15 N/mm2. Auch diese Platten haben durch die in der Rezeptur enthaltenen zusätzlichen Materialien wie dem Blähglasgranulat Poraver ein geringes Gewicht, sind aber besonders dicht und verschmutzen auch nach langer Zeit bei starker Belastung nicht.

Treppe
Treppe
5.989 mal gelesen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit dem Absenden des Kommentars nimmst Du die Datenschutzerklärung ausdrücklich an. https://archimag.de/datenschutzerklaerung/