Das Leben eines Architekten

10 Gründe doch ein Architekt zu werden

Photo by Krissia Cruz

Die 10 Gründe kein Architekt zu werden, habe ich schon aufgelistet. Es ist also nur fair diese 10 Gründe um 10 gute Gründe doch ein Architekt zu werden, zu ergänzen. Denn sein wir ehrlich – es ist ein geiler Beruf!

1. Architekt sein ist ein Lebensstil, keine Arbeit

Architekten* denken in der Regel die ganze Zeit über Architektur nach. Sie beschäftigen sich dann nicht zwangsweise mit der großen Architektur, sondern mit den Kleinigkeiten. Sie sehen und fühlen Material, Oberflächen, Formen und Beleuchtung. Ständig höre ich mich anderen Einrichtungstipps geben oder darüber zu reden, was an dieser oder jenen Planung gut oder falsch ist. Wenn Architekten reisen, dann planen sie sich im Urlaub Gebäude anzusehen. Hast du schon mal von Juristen gehört, die im Urlaub bestimmte Gerichtssäle besuchen wollen? Ich auch nicht. Aber Architekten tun so etwas und sie lesen ständig etwas, das mit ihrem Beruf zu tun hat – freiwillig!

* Architekten meint natürlich auch Architektinnen. Ich verwende nur die eine Form, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

2. Menschen achten Architekten

Auch wenn nicht alle Menschen ein klares Bild davon haben, was Architekten tun, so besteht doch die Auffassung, dass Architekten zum Wohle der Gesellschaft und des Einzelnen moralisch und ethisch handeln. Architekten landen seit Jahren immer wieder auf den ersten Plätzen der angesehensten Berufe. Darum werden Architekten oft zu Titelhelden von TV-Serien oder Kinofilmen. Was wiederum dem Ansehen guttut. Es wird geglaubt, dass Architekten weniger auf Profit aus sind, als Ärzte oder Juristen, die beide auch sehr angesehene Berufe sind.

Photo by Roland Denes
Photo by Roland Denes

3. Architektur entwickelt sich ständig

Architekten sind keine Künstler! Architekten müssen immer den neusten Technologien folgen und den wachsenden Ansprüchen der Kunden genügen. Oft sind es gesellschaftliche oder wirtschaftliche Aspekte, die die Arbeit am Bau neu definieren. Ob das der Wirtschaftsboom oder die Ölkrise waren oder jetzt das „neue“ Umweltbewusstsein ist. Es gibt eine kontinuierliche Evolution in unserem Beruf und Architekten entwickeln diesen Bereich aktiv mit. Architekt ist ein Beruf, der niemals statisch werden wird.

4. Du hast künstlerische Freiheit

Architekten geben einem Projekt immer eine persönliche Note und führen es in eine bestimmte Richtung. 10 Architekten werden einem Projekt 10 verschiedene Lösungen bieten. Immer!

5. Du kannst dein eigener Chef sein

Architekten können selbst als Einzelkämpfer an jedem Wettbewerb teilnehmen und ihn auch gewinnen. In welchen anderen Beruf kann eine einzelne Person so viel bewegen? Mit 2 bis 3 Partner oder Mitarbeiten kannst Du fast jedes Projekt betreuen und zu einem erfolgreichen Abschluss bringen.

Photo by Mitchell Luo
Photo by Mitchell Luo

6. Du erschaffst etwas Handfestes

Jeder der einmal gesehen hat, wie eine Planung von ihm gebaut wurde, kann genau verstehen, was ich meine. Auch nach Jahren stellt sich dieses Gefühl immer wieder ein. Im Prinzip ist es die Weiterentwicklung des Punktes 4 – du legst deine Persönlichkeit in ein Projekt und es ist dein Baby. Bei meinen ersten selbstständigen Projekt musste ich fürchterlich Federn lassen und einiges auf die harte Tour lernen. Mein Entwurf wurde (so gut wie) nicht honoriert und dennoch musste ich später feststellen, dass das Ergebnis (da ohne mich umgesetzt wurde) genauso aussah, wie ich es geplant habe. Ich hatte keine Handhabe noch etwas zu machen, aber ich hatte auch das Gefühl, das es mein Gebäude ist – Honorar und Betrug hin oder her.

7. Du beeinflusst die Gesellschaft positiv

OK, Gesellschaft ist hier ein großes Wort, aber auch das Leben eines einzelnen Kunden gehört dazu. Es lohnt sich, eine persönliche Beziehung zu deinem Kunden zu entwickeln, besonders wenn man weiß, dass der Prozess ein fruchtbares Endprodukt hervorbringen wird. Durch das Verständnis des Prozesses schätzen unsere Kunden das Produkt umso mehr. Und das ist unser bester Lohn.

Photo by TK Hammonds
Photo by TK Hammonds

8. Du kannst experimentieren

Klar ist die Architektur in weiten Teilen auch eine Wissenschaft und steht auf den Füßen von Naturwissenschaft und Technik, aber es gibt keine Endprodukte die falsch oder richtig sein können. Keine zwei Architekten werden die gleiche Lösung hervorbringen, sie arbeiten mit unterschiedlichen Interpretationen der gleichen Variablen. Sie sind unterschiedlich und in der Architektur kann man das ausleben. Von uns wird in jedem Projekt sogar erwartet, neue Dinge auszuprobieren, unterschiedliche Materialien zu erforschen und neue Technologien zu übernehmen.

9. Deine Karriere läuft und läuft und läuft …

Du kannst den Beruf des Architekten so lange ausüben, wie du möchtest. Du bist selbst dann noch ein Architekt, wenn es nicht mehr dein Job ist. Man sagt, dass Architekten im Alter (so ab 55) erst richtig gut werden. Und auch wenn es bis dahin für mich noch ein längerer Weg ist, kann ich das nachvollziehen. Ich glaube fest, dass es die Lebenserfahrung ist, die es möglich macht, bessere Häuser zu bauen. Ich kenne einen Architekten, der jetzt mit 75 Jahren endlich mal keine Häuser mehr bauen will. Bisher hat ihn sein Ruf und seine Leidenschaft im Beruf gehalten. Jetzt möchte er nicht mehr Arbeiten – wie lange es dauert, bis er wieder etwas baut? Keine Ahnung.

10. Du bist Architekt und kannst alles machen

Anders als in anderen Berufen hast du deinen Abschluss gemacht, ohne dich auf eine bestimmte Richtung des Berufes festzulegen. Das ist toll, denn nur das Berufsleben zeigt dir die Möglichkeiten und du erkennt, was du machen willst. Als Architekt kann man ohne Probleme zwischen großen und kleinen Firmen wechseln, man kann Designer, Projektleiter, Bauleiter, Projektmanager sein. Man kann sich auf Wohnungsbau, Krankenhäuser, Gewerbebauten oder was auch immer spezialisieren und auch wieder alles machen. Selbst außerhalb des eigentlichen Berufsfeldes gelten Architekten als gefragte Mitarbeiter.

Bonus – Du kannst alberne Brillen tragen und kommst damit durch

Architekten sind eine Mischung aus Künstler und Nerd. Sie erkennt man an den Brillen und an der Kleidung (schwarz). Kenner erkennen das Abschlussjahr des Architekten an dem Stil der Kleidung (Fliege, Rollkragen, T-Shirt, etc.). Sie können mit Fachausdrücken herum werfen und hängen nächtelang vor dem PC. Und gelten Architekten darum als exzentrisch wie einige Künstler oder gesellschaftsfremd wie Nerds? Nein. Architekten dürfen das.

Welcher Grund war oder wäre für Euch ausschlaggebend? Schreibt es mir doch oder kommentiert hier.

Dieser Artikel ist die grundlegende Überarbeitung des gleichnamigen Artikels vom 04.06.2010, welche aktuell nicht mehr aufrufbar ist und auf diesen Artikel verweist. 2010 habe ich einen Artikel von Bob Borson (lifeofanarchitect) übersetzen und an den deutschen Sprachraum anpassen dürfen. Die Übersetzung von damals ist heute nur noch Inspiration des aktuellen Artikels. Danke Dir Bob, dass ich diesen verwenden durfte.

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Autor

Ich bin Architekt und seit 2009 veröffentliche ich archimag.de. Wenn Ihr Wünsche oder Anregungen habt, dann her damit. Ich freue mich über Eurer Feedback.

11 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. tommi sagt:

    Hallo,
    äh sorry aber du meinst wohl Studentenwettbewerbe, denn du weisst ja sicher schon, dass bei fast allen Wettbewerben ein Auswahlverfahren gemacht wird, und so kannst du nicht mehr an jedem Wettbewerb teilnehmen, du kannst fast nirgendwo teilnehmen wenn du nicht schon 2 mal das Projekt gebaut hast, genau das ist das Problem, warum dir Entwerfen nur bedingt weiterhilft bei Aufträgen heutzutage ! oder hat sich was geändert im Wettbewerbswesen aktuell ?

    1. Sebastian Lauff sagt:

      Hallo Tommi,

      also zum einen ist das ganz natürlich, wie die 10 Gründe kein Architekt zu werden, ein polarisierender und satirischer Text. Zum anderen bleibt aber der wahre Kern. Klar sind viele Architektenwettbewerbe mit Vorauswahl und sobald es in die VOF geht, wird es für junge kleine Büros schwierig. Einige Architekten und kleine Büros haben sich aber auch entweder mit ersten Wettbewerben einen guten Namen gemacht (altes Beispiel: GMP – neues Beipsiel, meines Wissens kadawittfeld) oder sich als Einzelkämpfer mit größerem Büro im Hintergrund hervorgetan. (Beispiel dreigegeneinen). Im Kern bleibt, neben vielen anderen Aspekten kann man sich in der Architektur durch Entwurfsleistung bekannt machen.

  2. Martin Lehmann sagt:

    Hallo Sebastian,
    mit Begeisterung habe ich deinen Text gelesen und mich daran erinnert, wie ich vor 25 Jahren in die Selbständigkeit gestartet bin. Nun habe ich die Behörden, Bauvorschriften, Fachplaner, Normen, Richtlinien, Gutachter, Verbände, Gesetze, Rechtsprechung, Steuern, Gutachten, Gerichtsurteile, viele Projekt und Bauherren erlebt und frage mich, ob ich das meinen Kindern raten würde? Architekt zu sein unterstellt die Bereitschaft, sich ständig wechselnden Bedürfnissen und Anschauungen der sozialen Gesellschaft zu stellen, monatelang in Vorleistung zu gehen und dann wiederum monatelang auf den Zahlungseingang zu warten und am Ende zu hoffen, dass man dann doch nicht verklagt wird weil der Bauherr einen arbeitssuchenden Rechtsanwalt kennt, der einen Austauschmotor für sein Auto braucht – also die Bereitschaft zu leiden. Aber ja, am Ende sind wir Schöpfer und tragen die Verantwortung für die gebaute Umwelt. Wir stilisieren ein Abbild unseres Zeitempfindens unter Berücksichtigung vieler mitunter diverser Einflussfaktoren. Das allein ist schon Kunst! Anders als bei Ärzten oder Rechtsanwälten schulden wir zudem den Werkserfolg, das mangelfrei Werk unter Einhaltung der ermittelten Kosten.
    Bei allem Ansehen, das ein Architekt geniessen kann, ist die Verantwortung ungleich höher als bei den meisten Berufen. Architekt zu sei ist eine Berufung, die man empfinden muss, anders lässt sich der Berufsstand nicht erklären.

    1. Sebastian Lauff sagt:

      Hallo Martin,
      Danke für Deinen Kommentar. Ja, schade eigentlich, aber ich würde mit meinen Kindern auch zumindest offen reden. Und Bauämter sind noch mal eine ganz andere Sache.
      Dazu ist auch ein Beitrag in Planung – in meinem Kopf entsteht gerade ein Märchen über ein Bauamt. Mal sehen.

  3. Anna sagt:

    Ich finde es auch schön, dass man als Architekt sein Werk später sehen kann. Es gehört natürlich viel dazu, Fertigstellungsanzeigen erstellen usw. Mein Sohn überlegt, ein Praktikum zu machen.

  4. Alina Baumann sagt:

    Gut zu wissen, dass auch Architekten durch ihren Beruf eine ganz besondere Menschennähe aufbauen können. Meine Schwester ist sich noch nicht einig, ob sie lieber Architektur oder Innenarchitektur studieren möchte, da sie unmittelbar mit Kunden und Kollegen arbeiten möchte. Nächste Woche fängt ihr Praktikum in einem Studio für Innenarchitektur an, was ihr hoffentlich bei ihrer Entscheidung hilft.

    1. Sebastian Lauff sagt:

      Ein Praktikum ist immer eine gute Idee. Wahrscheinlich hat der Durchschnittsinnenarchitekt noch mehr Kontakt zu den Kunden. Als Architekt ist man in mittleren bis größeren Büros häufig in der zweiten Reihe. Aber ausprobieren hilft definitiv.

      1. Sabine Mara sagt:

        Vielen Dank für diese infos, mein Sohn möchte Architektur in Frankreich in zwei Jahren studieren und eine Entscheidung pro contra steht an. Habe selber mit Innenarchitektur begonnen und leider nicht beendet.

  5. Wolfgang sagt:

    Dieser Artikel hat mich total an meine Schwiegertochter erinnert, die nach einem abgebrochenen Informatik-Studium nun in einem Innenarchitekturbüro für Firmen arbeitet. Für sie ist es genau das Richtige. Sie würde sicherlich der Behauptung zustimmen, dass Architekt sein ein Lebensstil und keine Arbeit ist.

  6. Pia sagt:

    Ich finde es so spannend, dass Architektur sich ständig entwickelt. Heute sehen die Häuser ganz anders aus als noch vor 50 Jahren. Die Punkte gelten auch für Innenarchitekten.

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