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11 Fragen an … Dipl.-Ing. Axel Nieberg

Axel Nieberg

Heute ein wieder ein neues interessanter Interview mit Architekt Axel Nieberg. Herr Nieberg vertritt eine interessante, ganzheitliche Herangehensweise, die vom Haus über die Küche bis zur Türklinke alles als Gesamtkonzept sieht. Alles wird nach Bedarf deshalb auch selbst entworfen. Nicht zu letzte seine Küchen sind einem Blick auf die Homepage wert.

Herr Nieberg stellen sie sich vor der ersten Frage doch kurz selber vor.

Ich habe 2000 mein eigenes Atelier in Hannover eröffnet und arbeite seit dem an hochwertigen Projekten im Bereich Architektur, Innenarchitektur und Produktdesign. Der gesamtheitliche Ansatz ist mir sehr wichtig, deswegen werden bei meinen Projekten auch die Möbel größtenteils eigens entworfen und angefertigt. Selbst Türgriffe sind meist eigene Entwürfe. Ich verstehe mich als Manufaktur für besondere Ansprüche und Lösungen. Wir bearbeiten deswegen auch nur eine begrenzte Anzahl an Projekten, da mir die direkte Auseinandersetzung mit den Bauherren und deren gute Betreuung außerordentlich wichtig sind.

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Welches war Ihre erste Anstellung nach dem Studium?

Nach dem Studium bin ich als projektleitender Architekt in das Büro von Dieter Neikes gegangen. Ich habe mich auch nur dort beworben, weil es mir wichtig war, in einem Büro zu arbeiten, das meinen Architekturgedanken entspricht. Als junger Architekt eine so verantwortungsvolle Position einzunehmen, ist nicht einfach, aber eine sehr gute Schule. Da ich während des Studiums parallel in einem Büro gearbeitet habe und bereits selbstständig im Bereich Innenarchitektur und Design tätig war, hatte ich schon langjährige Praxiserfahrung.

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Warum sollte ein Bauherr auf jeden Fall mit einem Architekten zusammenarbeiten?

Ich bin nicht der Meinung, dass jeder Bauherr mit einem Architekten zusammenarbeiten sollte. Ein Bauherr mit architektonischem Anspruch sollte sich einen herausragenden Architekten suchen. Mit dem allgemeingültigen Ausdruck „Architekt“ habe ich ein Problem. Nur weil jemand Architekt ist, heißt das noch lange nicht, dass er auch gut und der Aufgabe gewachsen ist. Man schaue sich nur die sogenannten „Architektenhäuser“ an. Die Auswahl eines Architekten ist für einen Bauherren nicht einfach. Ich empfehle das Gesamtwerk eines Architekten zu studieren. Architekten, die mal ein gutes Bauwerk erschaffen, gibt es einige. Aber Architekten, die durchweg gute Bauten erstellen nur sehr wenige. Ein Blick in die Liste der veröffentlichten Bauwerke kann da sehr hilfreich sein. Außerdem würde ich einem Bauherren immer ein kleines feines Büro und kein Großbüro empfehlen. Die Betreuung ist direkter und individueller. Und der Büroinhaber sitzt nicht nur bei der Auftragsvergabe am Tisch, sondern begleitet das Projekt kontinuierlich bis zum Ende. In die Köpfe der Auftraggeber ist leider noch nicht vorgedrungen, dass selbst an den Großprojekten nicht mehr als 10 Mitarbeiter arbeiten. Die kleinen Büros arbeiten halt nicht an 20 Großprojekten parallel, sondern nur an zwei oder drei, dafür aber ganz intensiv.

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Wie würden Sie ihren architektonischen Stil beschreiben?

Grundsätzlich werde ich von den Architekturkritikern in die Kategorie der Minimalisten eingeordnet. Dies ist sicher auch nicht ganz falsch, aber mir ist dieses Schubladendenken nicht sympathisch. Ich möchte Räume mit Atmosphäre schaffen, die durch Materialität und Lichtführung eine außergewöhnliche Ausstrahlung erlangen. Die Einfachheit steigert die Ausstrahlung der Materialien und fördert die Ruhe der Räume. Meiner Meinung nach strebt der Mensch grundsätzlich nach Ruhe und Geborgenheit. Dieses versuche ich in meiner Architektur auszudrücken. Sicher ist dies auch ein Statement gegen unsere moderne hektische Gesellschaft, die sich aus meiner Sicht entgegen der eigentlichen menschlichen Bedürfnisse entwickelt.

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Welches Buch oder welchen Film habe Sie zuletzt gelesen bzw. gesehen?

Im Moment lese ich gerade das neue Buch von Helmut Schmidt „Außer Dienst“. Sehr gut zu lesen und außergewöhnlich weise. Ich mag Menschen mit solcher Weitsicht. Helmut Schmidt gehört für mich zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten in Deutschland. Letzte Woche habe ich im Kino „Zeiten der Aufruhr“ mit Kate Winslet und Leonardo de Caprio gesehen. Schauspielerisch hervorragend, thematisch in meinen Augen nicht ganz ausgereift, da die Rolle der Kinder vollkommen ausgeblendet wird.

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Wer sind Ihre Vorbilder und warum?

Direkte Vorbilder habe ich keine. Es gibt einige Kollegen, die ich sehr schätze wie beispielsweise Peter Zumthor, Carlos Ferrater, John Pawson, Paulo David und Beat Consoni, um nur einige zu nennen. Allerdings bin ich der Meinung, dass herausragende Architektur nur durch die eigenen Empfindungen und Prägungen erzeugt werden kann. Nur wenn ein Architekt aus seiner eigenen Überzeugung heraus arbeitet, wird außergewöhnliche Architektur entstehen. Da jeder individuell denkt, sollte man sich auf seine eigenen Gedanken besinnen. Ich sehe mich eher als Regisseur und versuche die Bewegungen und Beziehungen in den Räumen zu lenken, deswegen sind filmische Arbeiten für mich sehr interessant. Die Filme des leider verstorbenen polnischen Regisseurs Krzysztof Kieslowski finde ich herausragend.

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Ist der Bauherr König, oder muss ein Bauherr durch einen erfahrenen Architekten zu seinem Glück geführt werden?

Der Bauherr ist so lange König, wie es um sein Anforderungsprofil und seine Bedürfnisse geht. Dies muss klar definiert werden, denn der Bauherr wird in den zu schaffenden Räumen lange Jahre leben, nicht der Architekt. Bei der architektonischen Ausformung wird der herausragende Architekt seinen eigenen Weg einschlagen. Aus diesem Grund sollte der Bauherr den Architekten ausgewählt haben und in der Umsetzung diesem vertrauen, denn der Architekt ist der Profi. Ich würde einem Arzt auch nicht vorschreiben, wie er eine Operation durchführen soll.

Die Architekturausbildung ist aus meiner Sicht eine Katastrophe. Es gibt meiner Einschätzung nach keinen Absolventen, der ohne das Arbeiten nebenher im Büro, fähig ist, den Beruf des Architekten auszuüben. Alex Nieberg

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Welcher Bereich im Architekturstudium hat Sie für Ihr Berufsleben am Besten vorbereitet?

Gar keiner. Das Einzige, was mich für das Berufsleben vorbereitet hat, war das parallele Arbeiten im Büro ab dem 4. Semester. Die Architekturausbildung ist aus meiner Sicht eine Katastrophe. Es gibt meiner Einschätzung nach keinen Absolventen, der ohne das Arbeiten nebenher im Büro, fähig ist, den Beruf des Architekten auszuüben. Ich kenne keinen Studiengang, der soviel Mut zur Lücke vermittelt, wie der, der Architektur. Die Bereiche Baurecht, Kostenplanung, Zeitmanagement, Technischer Ausbau werden, wenn überhaupt, gerade mal angerissen. Lichtplanung findet gar nicht statt. Wie würden wir einem Mediziner gegenübertreten, der uns sagt, „tut mir leid, das Herz haben wir nicht durchgenommen“? Stattdessen wird nur Entwurf gelehrt und das meist auch noch sehr schlecht, weil unökonomisch und nicht durchsetzbar. Entwürfe zu erstellen, für die ich nie einen Bauherren finde, hilft den Studenten nicht weiter. Außerdem wird ein Absolvent selten eine Erstanstellung im Bereich Entwurf finden, da die Architekten mit vielen Jahren Berufserfahrung immer einen riesigen Vorsprung haben. Die Studenten sollten zu einer Grundtugend zurückfinden, nämlich gut, genau und schnell zeichnen zu können. Dann können Sie unter Anleitung von erfahrenen Architekten im Bereich Ausführungs- und Detailplanung an interessanten Projekten mitarbeiten.

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Von Paul Valery stammt der Ausdruck „Architektur ist Stein gewordene Musik“. Was uns zu der Frage bringt, welche Musik Sie zurzeit gerne hören?

Ich bin musikalisch nicht sehr festgelegt. Wichtig sind mir wirkliche Musiker, die Ihre Instrumente beherrschen. Deswegen mag ich Bands, die live nicht nur eine Show abliefern, sondern ehrliche Musik machen. Gerne darf es dabei auch mal rockig zugehen. Live schätze ich BON JOVI sehr, weil sie seit 25 Jahren absolute Profis sind und trotz über 120 Mio. verkaufter CDs nicht satt und genügsam werden. Meine neuste CD ist die aktuelle von Bruce Springsteen „Working on a dream“. Außergewöhnlich gut und leidenschaftlich…

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Welches Gebäude hätten Sie gerne entworfen und warum?

Eine Alphütte. Ursprünglich und auf wenige Materialien reduziert, umgeben von einer faszinierenden Natur. Die Berge sind für mich die größte Inspirationsquelle. Nirgends kann man mehr über Licht lernen als in den Bergen. Wie Le Corbusier schon sagte: „Die schönste Architektur sind die Alpen“.

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Architektur ist … ?

…die Komposition von Raum, Materialien und Licht in Abhängigkeit der geforderten Funktionen. Oder auch bedeutend unbedeutend im Angesicht der Probleme der Menschheit.

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Welche Frage würden Sie welcher Person gerne stellen?

Ich würde gerne die Programmdirektoren der Fernsehanstalten fragen, wann endlich diese Superstarsendungen ein Ende haben und ich wieder ohne Schockzustand die Fernbedienung betätigen kann.

Vielen Dank Herr Nieberg.

Axel Nieberg
Dipl.-Ing. Axel Nieberg

Architekt

Tintengarben 1
30177 Hannover

  0511 16966 01

www.nieberg-architect.de
mail@nieberg-architect.de

Dieser Artikel ist eine Überarbeitung des Originalinterviews, welches hier bei archimag.de veröffentlicht wurde. Die Überarbeitung hat hauptsächlich im Bereich Design stattgefunden.

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