11 Fragen an...

Dipl.-Ing. Gabriele Musil

Dipl.-Ing. Gabriele Musil
Dipl.-Ing. Gabriele Musil

Zu dem heutigen Artikel möchte ich mal wieder ein paar einleitende Worte sagen. Frau Musil besticht durch ihre gekonnten Antworten und ihre gesunde Einstellung zur Architektur und zur Umweltverträglichkeit. Ihr architektonischer Ansatz kommt mir entgegen. Ich hoffe und denke, dass in den nächsten Wochen auch ein Projekt von muwi Architekten vorgestellt wird.

Frau Musil stellen Sie sich vor der ersten Frage doch kurz selber vor:
_Gabriele Musil [gm]: Die Eintönigkeit im Wohnungsbau hat mich schon zu Beginn meiner Architektentätigkeit 1984 genervt. Dass es noch schlimmer kommen kann, hat mich schwer getroffen. Hier in München kann man sich alles leisten, der Markt verzeiht alles. Alles glänzt. So schön Neu.
Seit 20 Jahren selbständig im Wohnungsbau – ergänze ich meine Erfahrungen und Kreativität als Energieberaterin (Wohn- und Nichtwohngebäude).

Frage 1: Welches war Ihre erste Anstellung nach dem Studium?
_gm: Die damals beste Wohnungsbaugesellschaft in München (GBWAG). Der Planungschef P. Petzold entwarf und realisierte Siedlungen, modern mit Altbau-Charme, die mich sehr begeisterten.

Frage 2: Warum sollte ein Bauherr auf jeden Fall mit einem Architekten zusammenarbeiten?
_gm: Der Architekt berät neutral, ohne finanzielle Interessen am Verkauf einzelner Produkte. Im besten Fall entwickelt der Architekt energetisch optimierte Gebäude unter Verwendung von Baustoffen, die in der Herstellung Co2-arm sind und die sich vollständig recyceln lassen oder ihren Wert behalten (Metalle). Der Architekt ist der „Regisseur“ am Bau, er setzt den Wunsch des Bauherrn mit Hilfe seines Wissens und seiner Kreativität (Entwurf und Werkplanung) und mit Hilfe der anderen am Bau Beteiligten in ein Bauwerk um. Wer sonst, außer dem Architekten kennt alle Zusammenhänge und Notwendigkeiten?

Frage 3: Wie würden Sie ihren architektonischen Stil beschreiben?
_gm: Moderner Traditionalismus. Ich muss mir kein Denkmal bauen. Ich nehme den Geist des Ortes auf und entwickle ein modernes Gebäude. Hier in Bayern haben die historischen Städte eine „geistige Fernwirkung“. Wenn man weit weg ist, so bleiben Typologien, Charakterzüge einzelner Städte/Stadträume im Gedächtnis. Ich versuche, mit meinen Bauten diese Typologien auf moderne Art umzusetzen, so dass ein neues Gebäude oder eine Siedlung entsteht, bei deren Anblick man sich freut, sich zuhause fühlt, ohne zu wissen warum (ich verrate es: weil  jeder Kulturraum ein kollektives Gedächtnis für seine traditionellen Gebäude hat). Ich schnitze aber keine Baluster!!!

Frage 4: Welches Buch oder welchen Film habe Sie zuletzt gelesen bzw. gesehen?
_gm: Film: Twilight, Buch: Der Catalane von Noah Gordon (Bekannt von der Medicus).

Frage 5: Wer sind Ihre Vorbilder und warum?
_gm: Die Alten. Sie bauten besser. Auch aus energetisch/ökologischer Sicht. Die Bauten früherer Generationen wurden für Menschen gebaut, nicht für die Portfolios von Immobilienfonds. Sie verwendeten Materialen, die es in der Region gab, nicht Granit aus China (Kinderarbeit) weil der inklusive Transport ein paar Cent billiger war, als der heimische Stein.

Frage 6: Ist der Bauherr König, oder muss ein Bauherr durch einen erfahrenen Architekten zu seinem Glück geführt werden?
_gm: Früher war der Bauherr oft ein König. Er war sich seines Anspruchs bewusst. Da er aber nicht selbst planen konnte, holte er sich die besten Architekten. Dadurch konnte große Architektur entstehen. Heute sind mehr Menschen finanziell in der Lage Bauherren zu sein. Unsere Gesellschaft ist inzwischen so verschieden, dass jeder den Architekten hat, den er verdient. Ich denke, dass nur der zu seinem Glück geführt werden kann, der sich führen lassen will.

Frage 7: Welcher Bereich im Architekturstudium hat Sie für Ihr Berufsleben am Besten vorbereitet?
_gm: Verhaltenspsychologie im Bio-Leistungskurs – wichtig für das Wissen, was der Mensch braucht;
Baukonstruktion, Statik, Haustechnik, Entwerfen an der Sommerakademie in Salzburg bei Peichl/Holzbauer, Farbe zur Steigerung des architektonischen Ausdrucks, Denkmalpflege

Frage 8: Von Paul Valery stammt der Ausdruck „Architektur ist Stein gewordene Musik“. Was uns zu der Frage bringt, welche Musik Sie zurzeit gerne hören?
_gm: Peter Fox

Frage 9: Welches Gebäude hätten Sie gerne entworfen und warum?
_gm: Eine Niedrig-Energie-Generationen Siedlung, mit verschiedenen Wohnungsgrößen und einem gemeinsamen KITA-ATA- Haus im Zentrum. (KITA – Kindertagesstätte, ATA – Altentagesstätte)

Frage 10: Architektur ist … ?
_gm: …(k)ein Schicksal. Faszinierend. Prickelnd. Nah. Meins. Zum Anfassen. Zum Entdecken. Zum Staunen. Zum Wohlfühlen. Zum Freuen. Zum Rausschauen. Zum Versteckenspielen. Bunt.

Und zum Schluss Frage 11: Welche Frage würden Sie welcher Person gerne stellen?
_gm: …dem Leser dieses Interviews: Was fasziniert sie an Architektur?

Vielen Dank Frau Musil. Ihrer offene Frage „Was fasziniert sie an Architektur“ gebe ich gerne weiter und bin auf die Antworten in den Kommentaren zu diesem Artikel sehr gespannt.

Dipl.-Ing. Gabriele Musil, Architektin
0172/4487369

musil.architektin@t-online.de

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